Open Data macht Schule

Kinder auf Schulhof mit Drohne

Open Data macht Schule

Diese Projekte zeigen, wie offene Daten zur Wissensvermittlung an Schulen genutzt werden können

Das Fraunhofer-Institut FOKUS stellte bereits in einer 2013 veröffentlichten Studie für die Stadt Köln fest, dass offene Verwaltungsdaten die Chance einer neuen Bildungsgestaltung bergen. Auf welche Weise Open Data den Unterricht und das Lernen an Schulen bereichern kann, wird in Nordrhein-Westfalen derzeit vielfach erprobt.

Zuletzt geändert am 21. August 2023

Sie sind vertrauenswürdig, frei verfügbar und können helfen, Nordrhein-Westfalen besser kennen zu lernen – die offenen Verwaltungsdaten des Landes bieten vielfältige Möglichkeiten, den Unterricht und das Leben von Schülerinnen und Schülern zu bereichern. Die Einsatzmöglichkeiten sind dabei ganz unterschiedlich und reichen von Wahl- und Haushaltsdaten für den Politikunterricht über Kartenmaterial für Geschichte und Erdkunde bis zu Energieverbrauchsdaten der eigenen Schule, mit deren Hilfe das Thema Energie und Umwelt anschaulich vermittelt werden kann. „Es kann mit aktuellen und lokalen Daten gearbeitet werden, die der Lebenswirklichkeit und dem Kontext entsprechen, aus dem die Lernenden kommen“, erklärt Dr. Thomas Bartoscheck, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geoinformatik der Universität Münster und einer der Gewinner des NRW Hackathon 2017.

Trotz der großen Potentiale von Open Data für den Schul- und Bildungsbereich gibt es von Seiten der Lehrkräfte häufig noch Berührungsängste. Verschiedene Projekte und Angebote in NRW wollen den Einstieg in die Welt der offenen Daten für Lehrende und Lernende erleichtern und zeigen, dass offene Daten im Schulunterricht und im Rahmen des Lehrplanes sinnvoll eingesetzt werden können.

Daten machen Schule

Die Stadt Moers ist schon lange ein Vorreiter, wenn es um das Thema Open Data geht. Mit dem Projekt DatenmachenSchule möchte die Stadt gemeinsam mit der Hochschule Rhein-Waal, dem Gymnasium Adolfinum und der Open Knowledge Foundation (OKF) zeigen, welche Potentiale in dem Einsatz offener Daten im Unterricht liegen. Das Projekt ist eines von zehn kommunalen Projekten, die im Rahmen des Pilotprojekts „Kommunales Open Government“ von Open.NRW und dem Land Nordrhein-Westfalen gefördert wurden.

Die Einsatzmöglichkeiten offener Daten wurden in unterschiedlichen Jahrgangsstufen des Gymnasiums Adolfinum bereits erprobt. Thomas Nolte, Lehrer am Gymnasium Adolfinum, hat beispielsweise Daten zur Altersstruktur von Moers im Unterricht einer siebten Klasse genutzt, um die Schülerinnen und Schüler den Bau von Kindertagesstätten oder Seniorenheimen strategisch planen zu lassen. „Durch den Einsatz offener Daten entstand innerhalb von kurzer Zeit eine sehr gute inhaltliche, fachliche Diskussion unter den Schülerinnen und Schülern“, betont Claus Arndt, Initiator des Projektes und Beigeordneter der Stadt Moers, vormals Leiter der Stabstelle Zentrales E-Government.

Anhand der Erfahrungen und der Ergebnisse aus dem Pilotprojekt wurden ein Leitfaden sowie eine begleitende Website erstellt, mit deren Hilfe Anwendungsmöglichkeiten von offenen Daten im Schulkontext vorgestellt werden. Für die Website wurde beispielsweise das bestehende Angebot OffenerHaushalt.de neu aufgesetzt, um aktuelle Daten zu den Steuerausgaben zu visualisieren und zu veranschaulichen. Durch Beispiele wie dieses sollen bei den Lehrerinnen und Lehrern die Berührungsängste gegenüber Open Data abgebaut und kreative Impulse für deren Einsatz gesetzt werden.

Ein WebGIS für NRW

Eine andere Möglichkeit, Daten aus NRW für den Schulkontext aufzubereiten, ist ein sogenanntes WebGIS, also ein Online Geoinformationssystem. Der Einsatz solcher digitalen Angebote ist seit 2007 im Lehrplan vorgeschrieben. Doch die Einstiegshürden der teilweise komplexen Systeme sind hoch. „Es gibt einen großen Nachholbedarf in der Lehreraus- und Fortbildung, aber auch durch fehlende Angebote mit offenen, aktuellen und lokalen Daten wird WebGIS bisher kaum eingesetzt“, meint Dr. Thomas Bartoscheck.

Gemeinsam mit vier weiteren Hackern machte er sich beim dritten NRW Hackathon daran, diese Hürden abzubauen und eine sinnvolle Nutzung von offenen regionalen Geodaten im Schulunterricht zu ermöglichen. Mit Hilfe des WebGIS.nrw sollen sich unterschiedlichste Daten des Landes mit wenigen Klicks visualisieren lassen und so Eingang in möglichst viele Unterrichtsfächer finden. Die Idee überzeugte die Anwesenden und gewann beim NRW Hackathon 2017. Mit dem Preisgeld von 5000 € konnten zwei studentische Hilfskräfte eingestellt werden, die das WebGIS weiterentwickeln. „Das Ziel ist es“, so Bartoscheck, „noch im Frühjahr ein nutzbares Produkt zu haben, das im Unterricht eingesetzt, aber auch weiter ausgebaut werden kann.“

Virtuelles Schulwegtraining in Paderborn

Dass offene Daten nicht nur sinnvoll im Schulunterricht einsetzbar sind, sondern auch den Weg zur Schule sicherer machen können, zeigt ein Kollaborationsprojekt der Stadt Paderborn, das genau wie das Projekt aus Moers im Rahmen des Open.NRW Pilotprojektes „Kommunales Open Government“ gefördert wurde. Derzeit arbeitet Andreas Brodowski, Abteilungsleiter beim Amt für Vermessung und Geoinformation der Stadt Paderborn, gemeinsam mit der Arbeitsgruppe „Teamwork“ der Universität Paderborn, einem Spielesoftwarehersteller, der Karlsschule Paderborn, zwei Kindertagesstätten sowie interessierten Eltern und der Polizei an einem Schulwegsimulator. Dafür wurden offene 3D-Daten aus dem virtuellen Stadtmodell Paderborns mit aktuellen Drohnen-Aufnahmen des Schulumfeldes ergänzt und in eine virtuelle Spielewelt übertragen. Im Sinne von Gamification können Kinder in der Simulation mit Virtual-Reality-Brillen reale Schulwegsituationen wie das Überqueren von Kreuzungen oder das Verhalten an Verkehrsampeln durchspielen. Der Einsatz von Virtual-Reality-Brillen wurde bereits in einer Kindertagesstätte getestet – eine bereichernde neue Erfahrung für Andreas Brodowski: „In unserem Kollaborationsprojekt geht es nicht nur um die technischen Komponenten offener Daten, sondern auch um pädagogische Faktoren. Der direkte Austausch mit Kindern und Eltern und die gemeinsame Weiterentwicklung des Schulwegsimulators sind für mich eine spannende Erfahrung.“ Im Februar wird der Schulwegsimulator im Rahmen einer Veranstaltung der Karlsschule der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt – Ausprobieren erwünscht.

Das öffentliche Interesse an dem Schulwegsimulator ist groß und die Möglichkeit, das Projekt auf andere Kommunen auszurollen ist gegeben. „Wir unterstützen standardisierte Formate (CityGML) über eine entwickelte Schnittstelle, die es auch anderen Kommunen ermöglicht, ähnliche Projekte umzusetzen“, so Andreas Brodowski.

Projekte wie DatenmachenSchule, das WebGIS.NRW oder der Schulwegsimulator aus Paderborn zeigen, was mit offenen Daten im Schulkontext möglich ist. Die Beispiele können bei den Lehrerinnen und Lehrern, aber auch bei Schülerinnen und Schülern das Interesse für offene Daten wecken und praktische Anleitungen für den Einsatz im Unterricht geben. Darüber hinaus zeigen sie auch den Datenbereitstellern in den Behörden interessante Nutzungsmöglichkeiten auf. Damit wird ein wichtiger Schritt unternommen, um die Chance einer neuen Bildungsgestaltung in NRW mit Hilfe offener Verwaltungsdaten zu nutzen.