Wuppertal im Datenrausch

Frau steht vor Präsentationsleinwand und eröffnet den Open Data Day Wuppertal 2019

Wuppertal im Datenrausch

Da traf Jeck auf Hack und all das mit der Mission, mit Open Data die Stadt lebenswerter zu machen.

Am 2. März 2019 ging der internationale Open Data Day in die neunte Runde. Bei über 300 Veranstaltungen weltweit trafen sich zahlreiche Freunde und Freundinnen der Open Data-Bewegung – vom Laien über die Wissenschaft bis hin zum Techie und Hacker. Wir waren für Sie diesmal in Wuppertal mit dabei.

Zuletzt geändert am 11. Februar 2020

Datenschätze bergen

Am ersten Märzwochenende mussten sich die Bürgerinnen und Bürger in NRW entscheiden: Wollten sie lieber Karneval oder den Open Data Day feiern? Aufgrund des Interessenkonfliktes entschlossen sich einige Städte, den Open Data Day zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen. So wird er zum Beispiel in Düsseldorf erst am 5. Juli stattfinden. Die Veranstalterinnen und Veranstalter in Wuppertal luden jedoch gerade auch diejenigen herzlich ein, die der fünften Jahreszeit eher entkommen wollten. In der Kreativstätte Utopiastadt bot sich ihnen die Möglichkeit, für Gesellschaft und Umwelt zu hacken und sich bei Vorträgen und Workshops ein Bild über die Relevanz von Open Data für die Stadt Wuppertal zu machen. Es galt, gemeinsam Datenschätze im Tal zu bergen.

Open Data meets Open Science

Den Einstieg machte Tobias Meisen, Professor für digitale Transformation an der Bergischen Universität Wuppertal. In seinem Vortrag hielt er vor Augen, wie schnell sich unsere ehemals analoge, lokalbeschränkte Offline-Welt zu einer digitalen ‚always on‘-Welt entwickelt hat. Die riesige Datenmenge, die allein durch den täglichen Gebrauch eines Smartphones anfällt, dürfe nicht nur den Big Playern der Digitalisierung wie Google, Amazon oder Facebook vorbehalten sein. Vielmehr müsse die Nutzung relevanter Datenquellen allen Bürgerinnen und Bürgern offenstehen, so Meisen.

Damit beschreibt er die Kernidee von Open Data, in der es um die Verfügbarkeit und Wiederverwendung von sowie die universelle Beteiligung aller Menschen an Daten geht. Die Open-Data-Bewegung bezweckt damit unter anderem, dass das Individuum mithilfe offener Daten bestehende Produkte selbst nachbauen, aber vor allem auch neue entwickeln kann. Damit dies besser gelingt, müssen Daten gebündelt, miteinander verknüpft, analysiert und visuell aufbereitet werden.

Meisen weist in diesem Zusammenhang auf die zunehmende Bedeutung von Data Science hin:

„Open Data zu nutzen und hieraus Werte zu generieren, erfordert die Auseinandersetzung mit der Data Science. Dabei ist Data Science interdisziplinär und kein Selbstläufer. Heutzutage sollte jeder, ich würde sogar sagen muss jeder, einen Blick wagen, um seinen Zugang zu diesem neuen und spannenden Thema zu finden.“

Open Data für ein adaptives, umweltsensitives Verkehrsmanagement

Die außergewöhnliche Bedeutung von Open Data für die Gesellschaft zeigte sich im anschließenden Vortrag über den Wuppertaler Green City Plan, der vom Abteilungsleiter der städtischen Straßenverkehrstechnik, Rolf-Peter Kalmbach, gehalten wurde. Der Plan sieht die Digitalisierung des Verkehrs, eine Attraktivitätssteigerung und Vernetzung des Umweltverbundes, die Elektrifizierung und Umrüstung des motorisierten Verkehrs und eine urbane Logistik vor. All diese Maßnahmen dienen u. a. einem gleichförmigeren Verkehrsfluss und sollen das Verkehrsaufkommen verringern. Dies wird positive Folgen für den Spritverbrauch und den Kohlenstoffdioxid- und Stickstoffausstoß haben. So würden ab 2020 – bis dahin soll der Plan umgesetzt sein – nicht nur die Nerven der Verkehrsteilnehmenden geschont werden, sondern auch deren Geldbeutel, Lungen und Ohren.

Kalmbach erklärte, dass mithilfe einer (nahezu) Echtzeitdatenübertragung zwischen Ampeln, Autos, Fahrrädern und Fußgängern intelligente Verkehrsleitsysteme geschaffen werden können, die Staus und Unfallrisiken teilweise schon Wochen im Voraus prognostizieren und somit verhindern können. Das werde umso besser funktionieren, je mehr Verkehrsteilnehmende auf die App-Angebote der Stadt zurückgreifen. In der Testphase befinden sich derzeit der „Traffic Pilot“ – ein Ampelphasenassistent, der Rad- und Autofahrende auf der grünen Welle schwimmen lässt – und eine App zur Erleichterung der Parkplatzsuche. Wie erfolgreich und effizient der Green City Plan nach Umsetzung sein wird, hängt also nicht zuletzt auch von der regen Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger ab.

Mitmachen und die eigene Stadt gestalten

Hands-on ging es auch im Programm bei verschiedenen Workshops und dem Hackathon weiter. Neben dem GeoHack des GeoPortals des Guten Lebens konnten sich die Besucherinnen und Besucher mithilfe des Funknetzwerks LoRaWAN eigene Feinstaubsensoren bauen oder auch bei der Erstellung eines Opensource Bots mithelfen. Da Open.NRW beim letzten Open Data Day 2018 in Düsseldorf bereits Erfahrungen in Sachen Feinstaubsensorbau sammeln konnte, entschieden wir uns diesmal für den Workshop zum Projekt „Smart City Wuppertal“. Wuppertal hat seit gut einem Jahr die Möglichkeit, sich in eine digitale Modellkommune zu verwandeln. Im Zuge dessen lud der Arbeitskreis „Bürgerbeteiligung, Bildung und Kultur“ zum Ideensammeln ein, an dessen Ende eine detaillierte Liste mit Maßnahmen und Angeboten und deren möglichen Tools zur Umsetzung stand. Wer möchte, kann das Projekt in den Arbeitskreisen noch tatkräftig unterstützen und info [at] opendatal.de (mitmachen).

Nach den zwei Tagen war klar: Egal ob Neuling oder vom Fach – ein Besuch des Open Data Day lohnt sich immer. Denn es zeigte sich ein weiteres Mal, dass offene Daten nicht nur für Techies und Programmiererinnen und Programmierer interessant sind, sondern auch einen realen Mehrwert für eine offenere und lebenswertere Stadtgesellschaft bieten. Zudem freut sich die Community immer über neue Gesichter und möchte jeden und jede bei seinem bzw. ihrem Wissensstand abholen. Wer also doch lieber Karneval feiern wollte, sei getröstet, denn es werden ja noch die nach hinten verlegten Open Data Day-Veranstaltungen stattfinden.