Was Sie über Datensouveränität und Open Data wissen sollten

Titelgrafik der Handreichung Datensouveränität im Kontext von Open Data

Was Sie über Datensouveränität und Open Data wissen sollten

Die wichtigsten Fragen, Antworten und Hintergründe

Datensouveränität und Datenhoheit erfordern umfangeiche Kenntnisse in der Verwaltung. Im Kontext von Open Data wird dies hier beleuchtet.

Thema:
Open Data
Format:
Praxistipps
Zuletzt geändert am 27. Mai 2024

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  • Verwaltungen wollen und müssen souverän über ihre eigene Datennutzung entscheiden können. Die Datensouveränität, also die „Hoheit“ über ihre Daten, muss deshalb bei den öffentlichen Stellen selbst liegen.
     
  • Nur so ist sichergestellt, dass die Daten umfangreich weiterverwendet werden können – von der Öffentlichkeit, von Unternehmen und innerhalb der Verwaltung!
     
  • Dafür sind Einschränkungen und Abhängigkeiten von Dritten zu reduzieren. Checklisten, Vorlagen und Musterklauseln von Open.NRW helfen Verwaltungen dabei „datensouverän“ zu werden.

Datensouveränität ist Grundvoraussetzung für effizientes Open Data. Open.NRW unterstützt die Landesverwaltung, Kommunen und öffentliche Unternehmen beim Thema Datensouveränität und bringt mit dem Grundlagenwerk „Datensouveränität im Kontext von Open Data –  Für eine nachhaltige Beschaffung und umfassende Bereitstellung von Verwaltungsdaten“ ein weiteres praxisrelevantes Hilfsmittel für effizientere Abläufe und mehr Open Data auf den Weg. Für Eilige bieten wir hier ausgewählte Wissensbausteine zu den Hintergründen von Datensouveränität im Kontext von Open Data.

Was bedeutet Datensouveränität?

Der Begriff der Datensouveränität wird sowohl im Kontext des Datenschutzes (dort im Sinne der Kontrolle über die eigenen personenbezogenen Daten) als auch bezogen auf den Umgang mit Daten und der „Datenherrschaft“ ganz allgemein verwendet. Bezogen auf den Umgang mit Daten bei öffentlichen Stellen und Unternehmen der Daseinsvorsorge zielt Datensouveränität darauf ab, Daten so zu erheben und zu verarbeiten (bzw. erheben und verarbeiten zu lassen), dass die Nutzung jedenfalls für den jeweiligen Zweck (z.B. Verkehrsplanung) möglich ist.

Was hat Datensouveränität mit Open Data zu tun?

Frei verfügbare Daten sind wichtige Bausteine für Innovationen, eine dynamische Wirtschaft und eine lebendige Zivilgesellschaft. Der Zugang zu Daten ist ein immer wichtigerer Standortfaktor und bildet die Grundlage für datenbasierte Politikentscheidungen. Die Datensouveränität der Verwaltungen stellt dabei eine entscheidende Voraussetzung für frei verfügbare, offene Daten dar. Denn erst ein souveräner Umgang mit den vorliegenden Daten macht es möglich, dass diese Daten umfangreich weiterverwendet werden können sowohl von der Öffentlichkeit, von Unternehmen, aber auch innerhalb der Verwaltung.

Weil die Landesregierung Nordrhein-Westfalen Open Data weiter vorantreiben, die Transparenz der staatlichen Aktivitäten erhöhen und attraktive Nutzungsmöglichkeiten der öffentlichen Informationen und Daten bieten will, gilt auf Landesebene der Grundsatz „Open-by-Default“. Das heißt, dass die Daten der Verwaltung grundsätzlich veröffentlicht werden sollen, sofern nicht andere Regelungen dem entgegenstehen. Dafür müssen die Verwaltungen selbstbestimmt mit den Verwaltungsdaten umgehen können, denn wenn z.B. Dritte über entgegenstehende Rechte verfügen, kann das die Veröffentlichung erschweren oder sogar verhindern.

Wer sollte sich mit dem Thema Datensouveränität in der Verwaltung beschäftigten?

Digitallotsen, Open Data-Ansprechpartner, Chief Digital Officer und bestimmte Fachgremien befassen mit dem Thema Daten und deren Verwendung im Rahmen ihrer täglichen Arbeit. Hingegen kommen Beschäftigte in den Vergabestellen, im Bereich IT, in den jeweiligen Fachabteilungen und im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit mit dem Thema „Datensouveränität“ eher am Rande in Berührung – auch wenn Fragen der Datennutzung in der Regel auch für sie relevant sind.

Deshalb ist es wichtig, dass in den verschiedenen Verwaltungseinheiten entsprechende Kenntnisse zu den Themen Datensouveränität und Datenhoheit aufgebaut werden und diese zum Beispiel bereits in Vergabeverfahren und bei der Beschaffung berücksichtigt werden. Oft wird nämlich hier die Basis für die künftige Weiterverwendung von Daten gelegt.

Genießen Daten Urheberrechtsschutz?

Die Begriffe „Urheberrecht“ und „geistiges Eigentum“ werden in Bezug auf Daten regelmäßig in derselben Form verwendet, wie dies bei Büchern, Gemälden und Software erfolgt. Allerdings ist das in der Regel falsch. Daten genießen in den meisten Fällen keinen Urheberrechtsschutz!

Typischerweise werden folgende Datenarten voneinander unterschieden:

  • Eingabedaten,
  • Ausgabedaten,
  • Stammdaten,
  • Konfigurationsdaten,
  • Rohdaten,
  • Nutzdaten,
  • Metadaten,
  • (un)strukturierte Daten,
  • Benutzerdaten,
  • Profildaten,
  • personenbezogene Daten etc.

Damit ein Urheberschutz greift, müsste man entsprechende Daten einer „klassischen“ Werkart zuordnen (bspw. Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art) und eine persönliche geistige Schöpfung nach § 2 Abs. 2 UrhG aufweisen. Das heißt, die Daten müssten eine gewisse „Schöpfungshöhe“ erreichen, um von der Rechtsprechung als schutzwürdig angesehen werden. (Gebrauchsanweisungen, Kataloge und Formulare oder anspruchslose Unterhaltungsmusik können so urheberrechtlichen Schutz erlangen). Dies ist beim einzelnen Datum aber regelmäßig nicht der Fall, da nicht die schöpferische Tätigkeit im Vordergrund steht, sondern die Wiedergabe eines tatsächlichen Zustands.

Was sind Datenbanken? Warum ist wichtig, Datenbanken erkennen zu können?

Bei Datenbanken ist hingegen Vorsicht geboten. Eine Datenbank ist nach dem Urheberrechtsgesetz „eine Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind und deren Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert“.

Die zwei wesentlichen Kernelemente des Begriffs der „Datenbank“

  • sind die systematische, methodische Anordnung unabhängiger Elemente und
  • die wesentliche Investition in Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung.

„Datenbankhersteller“ genießen für eine von ihnen hergestellte Datenbank einen ähnlichen Schutz wie Hersteller urheberrechtlicher Werke (Literatur, Wissenschaft und Kunst). Dem Datenbankhersteller steht dann das ausschließliche Recht zu, die Datenbank insgesamt oder einen nach Art oder Umfang wesentlichen Teil der Datenbank zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Vor diesem Hintergrund ist also Obacht angebracht, wenn öffentliche Stellen beabsichtigen, umfangreiche Datensätze zu veröffentlichen, die sie von Dritten erhalten haben.

Aber: Vor der Entnahme eines unwesentlichen Teils der Datenbank ist der Datenbankhersteller grundsätzlich nicht geschützt, denn einen Schutz wird man in der Regel nur dann annehmen können, wenn einzelne Teile an sich anderweitigen Schutz genießen (z.B. bei einem Datensatz handelt es sich um ein geschütztes Lichtbild).

Warum sind Karten besonders zu behandeln?

Kennen Sie die rechtlichen Besonderheiten bei Karten?

In rechtlicher Hinsicht gelten für Karten Besonderheiten. Im Umgang mit Karten ist im Rahmen der Verarbeitung von Daten als auch bei der Veröffentlichung vorab zu prüfen, ob diese als eigenständiges Werk oder aber als Datenbank urheberrechtlich oder urheberrechtsähnlich geschützt sind.

„Eine Karte als schöpferische Eigenleistung? Die Darstellung ergibt sich doch aus den geographischen Umständen, sie bildet doch nur ab!“

Richtig. Da die Anforderungen an die schöpferische Eigentümlichkeit bei kartografischen Gestaltungen sehr gering sind, kann es durchaus vorkommen, dass eine Karte ein urheberrechtlich geschütztes Werk darstellt. (Hier kommt es aber stets auf den konkreten Einzelfall an, da nicht jede Karte urheberrechtlich schützenswert ist).

Zur Orientierung: Wird aus bestehenden Geodaten eine neue Karte erstellt, steht bei der Beurteilung die „schöpferische“ Leistung im Vordergrund. Ist diese zu erkennen (zum Beispiel im Hinblick auf die Auswahl der abgebildeten Elemente bei einem entsprechend kleinen Maßstab mit notwendiger Detailreduzierung), gilt die Karte als urheberrechtlich geschütztes Werk.

Dasselbe gilt für nutzerspezifisch angefertigte Karten, welche auf Grundlage unterschiedlicher Geodaten und Informationen erstellt wurden sowie für deren Metadaten. Bei Geodaten und Angaben zu den topografischen Eigenschaften einer Landschaft in einer Landkarte (wie z.B. das Wegenetz, die bebauten Flächen oder die Lage und Gestalt öffentlicher Gebäude) handelt es sich um unabhängige Elemente, die – im Falle einer systematischen Anordnung der Informationen – den Datenbankschutz des Datenbankherstellers auslösen können.

Was unterscheidet Datenlizenzen von Softwarelizenzen?

Die Erhebung, Beschaffung, Verarbeitung und Nutzung von Daten basiert regelmäßig auf einem Vertragsverhältnis, das auch als „Lizenzvertrag“ oder „Datenlizenz“ bezeichnet wird. Datenlizenzen orientieren sich dabei häufig an Lizenzen für Software. Auch hier werden Nutzungszwecke und Berechtigte festgelegt.

Datenlizenzen verfolgen jedoch im Kern einen anderen Zweck als Softwarelizenzen. In erster Linie dienen Softwarelizenzen dazu, den Nutzern ein benötigtes Nutzungsrecht einzuräumen. Der Abschluss einer Datenlizenz dient in erster Linie dem Schutz der Partei, die die Daten bereitstellt. Denn die Datenlizenz regelt eine vertragliche Beschränkung der Nutzung, die ohne eine vertragliche Vereinbarung grundsätzlich uneingeschränkt möglich wäre (Grund: Mangelnder Urheberschutz).

Das Thema „Datenlizenzen“ ist hauptsächlich in zwei Situationen von Bedeutung, und zwar bei dem Einkauf von Daten von Dritten (z.B. Datenhändlern) und bei der Veröffentlichung von Daten. Die meisten Datenlizenzen von kommerziellen Anbietern schränken die Nutzung von Daten durch den Erwerber ein und müssen individuell verhandelt werden, falls eine Veröffentlichung von Daten und Datenprodukten oder die Nutzung für einen anderen als den ursprünglich vorgesehenen Zweck erfolgen soll. Für die eigenständige Erhebung und Verarbeitung von Daten sind Datenlizenzen hingegen ohne Bedeutung.

Bei einer ungenehmigten Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken (beispielsweise in Form von Datenbankapplikationen, Landkarten oder Stadtplänen) oder Datenbanken kann der Rechteinhaber verlangen, dass die Nutzung beendet wird. Ohne Erlaubnis erstellte Folgeprodukte sind aus dem Verkehr zu nehmen und dem Rechteinhaber ist ein entstandener Schaden inklusive ggf. angefallener Abmahnkosten zu ersetzen.

Um sich vor solchen unangenehmen Folgen zu schützen, ist es erforderlich, die rechtlichen Regeln für die Nutzung mit fremden Werken und sonstigen Schutzgegenständen zu kennen und zu beachten. Letztendlich benötigen die Nutzer eines geschützten Werkes eine Lizenz, um das Werk nutzen zu dürfen. Ohne eine entsprechende „Lizenz“ ist eine Nutzung untersagt.

Mit Blick auf den Datenschutz: Wie ist mit personenbezogenen Daten umzugehen?

Das Datenschutzrecht soll sicherstellen, dass jeder entscheiden kann, welche personenbezogenen Daten er von sich preisgeben möchte und wer sie in welcher Form und zu welchem Zweck verwenden darf. Die Bereitstellung von Daten kann daher dann ausgeschlossen werden, wenn personenbezogene Daten betroffen sind.

Ein Personenbezug liegt vor, wenn die Informationen Rückschlüsse auf persönliche, sachliche und / oder tatsächliche Verhältnisse einer natürlichen Person zulassen. Dabei reicht es aus, wenn die Informationen dieser Person indirekt zugeordnet werden können. Zu den „klassischen“ personenbezogenen Daten zählen insbesondere Name, Geburtsdatum, Anschrift, Bankverbindung und Einkommen.

Um zu vermeiden, dass der Personenbezug von erhobenen Daten eine Bereitstellung verhindert, kommt eine anonyme Erhebung in Betracht. Alternativ könnte ein Prozess, der eine frühestmögliche Anonymisierung personenbezogener Daten vorsieht, in der Verwaltung umgesetzt werden.

Fazit zur Datensouveränität im Kontext von Open Data

Grafik Fazit mit Symbol-Icon

Von Anfang an auf der sicheren Seite: Berücksichtigen Sie Kenntnisse zu Datensouveränität und Datenhoheit bereits in Vergabeverfahren und bei der Beschaffung von Daten! Wenn Dienstleister involviert sind, heißt das: Bei der Erhebung und in der Datenbeschaffung ist zu entscheiden, wem welche Rechte an den Daten zustehen sollen und das jeweilige Ergebnis mit dem beauftragten Dienstleister zu vereinbaren. Damit wird die Basis für die künftige Weiterverwendung von Daten und die Veröffentlichung als Open Data gelegt.


Tipp: Lesen Sie sich mit der Handreichung Datensouveränität im Kontext von Open Data – Für eine nachhaltige Beschaffung und umfassende Bereitstellung von Verwaltungsdaten“ tiefer in die vielfältigen Aspekte des Themas Datensouveränität ein. Das kompakte Lern- und Nachschlagewerk vermittelt theoretisches, technisches und juristisches Hintergrundwissen sowie strategisch-organisatorische Aspekte und bietet dazu anschauliche Beispiele.


Weiterlesen? Im zweiten Teil unseres Beitrags erfahren Sie, wie sich Datensouveränität in der Verwaltung praktisch umsetzen lässt.