
Wie ein Beteiligungsprozess richtig geplant und umgesetzt wird
Von der Idee zur Praxis: Einfache Tipps für Ihre Beteiligung
- Gute Bürgerbeteiligung lebt von der Bereitschaft zum Dialog.
- Ohne Prozesslegitimation gibt es auch keine Ergebnislegitimation.
- Das Ziel: Trotz unterschiedlicher Handlungsmuster in Politik, Verwaltung und Bürgerschaft, eine gemeinsame Schnittmenge finden.
Eine Bürgerbeteiligung starten: Bürgerinnen und Bürger zu einem Projekt, einer konzeptionellen Planung oder einem anderen Vorhaben beteiligen und ihre Interessen und Positionen einholen. Klingt im ersten Moment sehr simpel, entpuppt sich im laufenden Prozess dann aber manchmal als herausfordernder als gedacht.
Bürgerbeteiligung und die damit verbundenen Beteiligungsprozesse gewinnen immer mehr an Bedeutung: Nicht nur die Forderungen aufseiten der Bürgerschaft nehmen zu, auch der Bedarf bei Verwaltungen und anderen Vorhabensträgern wächst.
Frank Zimmermann von der ifok GmbH und Experte für Bürgerbeteiligung und Demokratieentwicklung, teilt in einer Coffee Lecture seine Erfahrung zur Planung von Beteiligungsprozessen und gibt praktische Tipps, wie eine Beteiligung zum Erfolg wird. In dem folgenden Beitrag erhalten Sie einen vertiefenden Einblick in den Vorbereitungsprozess einer Beteiligung und können unsere Hilfestellungen, wie die Beteiligungs-Checkliste zum Aufsetzen eines Beteiligungsprozesses, nutzen.
Mehrwert „Beteiligung“: Deswegen lohnt sich mehr Partizipation
Eine Beteiligung in der Kommune oder Landesverwaltung durchzuführen, ruft in manchen Kreisen noch ablehnende Stimmen hervor, denn sie verursacht vermeintlich mehr Arbeit, kostet Zeit und Verwaltungen haben auch ohne Beteiligungen gute Ergebnisse erzielt. Ein Blick auf die Übersicht der exemplarischen Arbeitsabläufe zeigt, dass diese Vorurteile heute nur noch bedingt gelten. Denn „Ja, für einen guten Beteiligungsprozess müssen Sie Zeit und Arbeit investieren“, aber nicht zwangsläufig mehr als ohne eine Beteiligung. Die Übersicht verdeutlicht dies:
Die Umsetzung eines Beteiligungsprozesses benötigt vermutlich gerade zu Beginn mehr Zeit, beschleunigt dafür jedoch die Endphase einer Vorhabenumsetzung. Denn Ergebnisse müssen nicht in der Öffentlichkeit verteidigt werden und Pläne werden seltener in Frage gestellt. Der eigentliche Mehrwert liegt dabei jedoch in der Qualität der Ergebnisse: Denn die Umsetzung des Vorhabens kann durch vielfältige Beteiligung, das kooperative Einbringen von neuen Ideen und konstruktiven Anregungen qualitativ deutlich verbessert werden. So stärken Sie nicht nur die Teilhabe und Transparenz, sondern können bessere Ergebnisse umsetzen, die mehrheitlich von der Zivilgesellschaft getragen werden.

Bürgerbeteiligung in der Verwaltung: Eine gute Zielsetzung gibt den Weg vor
Als eine der drei Demokratie-Säulen hat die dialogische Säule in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen. Im Mittelpunkt steht hier die mitgestaltende Beteiligung zu einem Vorhaben der Kommune, des Landes oder eines anderen Vorhabensträgers. Die Bürgerschaft übernimmt eine beratende Funktion und unterstützt Verwaltungen bei der Gestaltung von Plänen oder Maßnahmen.
Entscheidend für eine gute Beteiligung ist dabei die Zielsetzung, mit der ein Beteiligungsprozess gestaltet wird. In der Regel sollte es nicht darum gehen, einen Konsens zu finden – die Erwartung greift zu weit und kann selten erfüllt werden. Vielmehr sollten Sie sich die Handlungsmuster von Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft ins Gedächtnis rufen und sich auf die gemeinsame Schnittmenge konzentrieren.
Denn auch, wenn das Handeln von Politik, Verwaltung und Bürgerschaft durch ganz verschiedene Muster angetrieben wird, gibt es ein gemeinsames Anliegen: Das Engagement für das Gemeinwohl und der Einsatz für die Sache. Ein guter Beteiligungsprozess sollte daher darauf hinarbeiten, die gemeinsame Schnittstelle zu bearbeiten und den Diskurs um die Sache und die verschiedenen Interessen zu fördern.
Der erste Schritt zur Beteiligung: Die richtige Stufe
Beteiligungsprozesse können vielfältige Gestalt annehmen und ganz unterschiedliche Funktionen erfüllen. In einem klassischen Beteiligungsmodell wird generell zwischen drei aufeinander aufbauenden Stufen unterschieden. Beteiligung kann demnach auf den Stufen (1) der Information, (2) der Beratung oder (3) der Mitbestimmung erfolgen. Zum Beginn eines Beteiligungsvorhabens sollten Sie sich daher die Fragen stellen: „Warum wollen wir zum Gegenstand X beteiligen? Auf welcher Stufe soll die Beteiligung erfolgen?“
Anleitung für gute Beteiligungsprozesse: Gut geplant ist halb gewonnen
Ein Beteiligungsangebot ist nur so gut wie das dahinterstehende Konzept. Ein durchdachtes Beteiligungskonzept und eine detaillierte Planung sind die Grundvoraussetzungen für einen gelungenen Beteiligungsprozess. Um Bürgerinnen und Bürger gewinnbringend zu beteiligen, ihren Erwartungen an die Beteiligung gerecht zu werden und Ergebnisse sinnvoll einbinden zu können, sollten Sie sich vorab eingehende Gedanken zu Ihrer Beteiligung machen. Eine gute Orientierung dafür bieten die sieben W-Fragen der dialogischen Bürgerbeteiligung:
Die sieben W-Fragen helfen Ihnen dabei, die zentralen Voraussetzungen für einen Beteiligungsprozess zu durchleuchten und konkrete Ziele zu formulieren. Diese sind besonders wichtig für das Erwartungsmanagement aller Beteiligten, denn sie klären die Frage, was die Beteiligung leisten kann. Unbeantwortete Fragen oder uneindeutige Antworten deuten auf Lücken in Ihrem Konzept hin und können schnell zu Stolpersteinen Ihrer Beteiligung werden. Beteiligungsexperte Frank Zimmermann rät daher: „Auch wenn die Fragen im ersten Moment trivial klingen, lohnt sich ihre Beantwortung, denn sie formen den Beteiligungsprozess. Ein lückenhaftes Beteiligungskonzept kann hingegen dazu führen, dass Beteiligte den Prozess als solches in Frage stellen – ohne die Prozesslegitimation gibt es auch keine Ergebnislegitimation“.
Eine Checkliste, die Sie bei der Beantwortung der Fragen unterstützt, finden Sie hier.
Herausforderungen im Blick: So vermeiden Sie Stolpersteine von Beteiligungen
Die Herausforderungen, die bei der Durchführung eines Beteiligungsprozesses auftreten können, variieren entsprechend ihrer unterschiedlichen Zielgruppen, Themen und Verfahren stark voneinander. Dennoch gibt es „beliebte Stolpersteine“, die häufig in der Praxis auftreten und durch ein geplantes Aufsetzen des Prozesses im Vorfeld vermieden werden können.
Beispielsweise kann eine unklare Kommunikation zum Beteiligungsgegenstand und der Ergebnisverwendung schnell dazu führen, dass bei den Beteiligten falsche Erwartungen entstehen und diese den Beteiligungsprozess als nicht zielführend oder unehrlich bewerten. Aber auch die zu späte Beteiligung oder eine mangelnde Repräsentation verschiedener Zielgruppen können dafür sorgen, dass Unzufriedenheit aufkommt oder solche Ergebnisse erzielt werden, die der Komplexität des Beteiligungsgegenstandes nicht gerecht werden. Die Übersicht zeigt einige der Stolperfallen auf und gibt Hinweise, welche der W-Fragen noch einmal genauer betrachtet werden sollten.
„Beliebte Stolpersteine“ in Beteiligungsprozessen
Schritt für Schritt: Das Beteiligungskonzept steht – wie geht es weiter?
Sie konnten alle W-Fragen für sich eindeutig beantworten und haben einen ersten Eindruck gewonnen, welche Herausforderungen bei Ihrer Beteiligung entstehen könnten? Als nächstes können Sie sich den für Ihre Beteiligung relevanten Einzelbereichen und damit verbundenen Fragen widmen:
- Wie erreichen und aktivieren Sie Ihre gewünschten Zielgruppen? Gibt es darunter marginalisierte Personengruppen, die eine gesonderte Ansprache benötigen?
- Welches Format eignet sich für Ihre Fragestellung und Zielgruppe? Möchten Sie mit wenig Aufwand eine Online-Beteiligung aufsetzen? Oder soll ein dauerhaftes Format etabliert werden? Und wofür sind Bürgerräte eigentlich geeignet?
- Auf welche Stellschrauben sollten Sie bei der Durchführung achten? Und was macht eine gute Bürgerbeteiligung aus?
Nicht immer ist die Antwort auf Ihre Frage schnell gefunden, nutzen Sie daher die Erfahrung Ihrer Kolleginnen und Kollegen und profitieren Sie von dem gesammelten Praxiswissen anderer Beteiligungsprojekte.
Alle Fragen sind beantwortet? Nun kann es an die konkrete Umsetzung gehen! Auch hier gibt es bereits detaillierte Schritt-für-Schritt-Anleitungen, die Sie bei der Durchführung Ihrer Beteiligung begleiten.
Fazit: Teilhabe und Transparenz – Beteiligung ist wichtig für gesellschaftliche Veränderungen
Die Praxis macht deutlich: Eine Beteiligung durchzuführen ist gar nicht so schwer und bereichert Planungsprozesse in den verschiedensten Bereichen enorm. Die Handlungsmuster von Politik, Verwaltung und Bürgerschaft unterscheiden sich oftmals, es eint sie aber das Engagement für das Gemeinwohl und der Einsatz für die Sache. Genau hier liegt der Bonus der Beteiligungsverfahren: Sie stärken nicht nur die Demokratie im Rahmen des Open Government-Ansatzes durch Transparenz und Teilhabe, sondern ermöglichen es, eine gemeinsame Schnittmenge für gesellschaftliche Veränderungen zu finden.
Damit Beteiligungsverfahren und -ergebnisse entstehen, die gewinnbringend Planungsverfahren voranbringen und Beteiligung keine einmalige Sache bleibt, lohnt es sich, vorab einen konkreten Plan für den Beteiligungsprozess zu entwickeln. Die W-Fragen helfen dabei ein klares Beteiligungskonzept zu erarbeiten und die Beteiligung gut auf- und umzusetzen – mit der Beteiligungs-Checkliste von Open.NRW gelingt dies noch einfacher.
Wir danken unserem Referenten Frank Zimmermann für seine Ausführungen und die übersichtliche Einführung in die Planung eines Beteiligungsprozesses. Hier finden Sie die Präsentation zu "Einen Beteiligungsprozess richtig auf- und umsetzen".