Kerpen stellt historische Dokumente als Open Data bereit

MitarbeiterInnen des Stadtarchivs zeigen auf Laptops die neue Webseite

Kerpen stellt historische Dokumente als Open Data bereit

Tausende historischer Dokumente des Kerpener Stadtarchivs sind auf dem neuen Open Data Portal „Mein Stadtarchiv“ frei verfügbar

Fast 20.000 Datensätze und rund 2.200 historische Fotos, Urkunden und Karten sind bereits über Mein-Stadtarchiv.de abrufbar. Mit dem neuen Online-Portal möchte das Stadtarchiv Kerpen mit Unterstützung der kommunalen Datenverarbeitungszentrale (kdvz) Rhein-Erft-Rur und der Open Knowledge Foundation ihre historischen Daten und Dokumente für alle Interessierten zugänglich machen und die Bürgerinnen und Bürger aktiv an der Aufarbeitung der Historie der Kolpingstadt Kerpen beteiligen.

Zuletzt geändert am 18. März 2020

Das alte schwarzweiße Foto zeigt zwei Mädchen auf einer einfachen Schotterstraße. Die Schatten sind bereits lang, der Abend naht und die jüngere von beiden – vielleicht drei oder vier Jahre alt – ist sichtlich bemüht mit ihrem Dreirad voran zu kommen. Der Schnappschuss entstand vermutlich in den Nachkriegsjahren irgendwo in Kerpen. Doch sicher ist sich das Stadtarchiv der Kolpingstadt da nicht. Denn es fehlen ergänzende Informationen zu diesem und vielen weiteren Fotos. Mit dem neu eingerichteten Online-Portal Mein-Stadtarchiv.de erhofft sich die Stadt hilfreiche Kommentare durch die Bürgerinnen und Bürger, die dabei helfen, Fotos wie das der beiden Mädchen wieder in einen historischen Kontext einordnen zu können.

Das Gedächtnis der Kommune steht nun allen offen

Die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürgern ist aber erst der zweite Schritt. Ein Archiv ist das Gedächtnis einer Kommune. Hier werden historische Karten, Urkunden, Fotos und andere Dokumente gesammelt, die zusammen ein Bild der Vergangenheit und der Geschichte einer Region vermitteln. „Mit dem neu eingerichteten Online-Portal möchten wir den Bürgerinnen und Bürgern der Kolpingstadt Kerpen das Stadtarchiv und damit das Gedächtnis der Stadt näherbringen. Die Menschen können sich über unsere vielfältigen Bestände – nicht nur die kommunalen, sondern auch die vielen anderen privaten von (Adels-)Familien oder Vereinen aus Kerpen – über Kerpen und seine Geschichte informieren,“ erklärt Susanne Harke-Schmidt, Stadtarchivarin der Stadt Kerpen.

„Mein Stadtarchiv“ ist ein Gemeinschaftsprojekt des Stadtarchivs Kerpen, der kdvz Rhein-Erft-Rur und der Open Knowledge Foundation Deutschland (OKF). Karl-Matthias Pick von der kdvz betreute die organisatorische Umsetzung des Projekts. Die Softwareentwicklung und technische Bereitstellung der Plattform übernahm Ernesto Ruge, der dank seines schon jahrelangen ehrenamtlichen Engagements bei der Open Knowledge Foundation und im Bereich Open Data sehr wertvolle Hinweise für die Umsetzung geben konnte. Er regte auch an beim Import auf den EAD(DDB)-Standard zu setzen, damit das Portal auch zur Deutschen Digitalen Bibliothek kompatibel ist. Damit auch andere Städte von den Erfahrungen aus Kerpen profitieren können, stellen die Verantwortlichen des Projekts zudem die Vorgehensweise zur Bereitstellung der Daten sowie den Code der Plattform allen Interessierten kostenlos zur Verfügung.

Das Projekt wird gefördert durch Open.NRW und das Pilotprojekt „Kommunales Open Government“ vom Land Nordrhein-Westfalen. Als Pilotprojekt soll es aufzeigen, wie Open Data und Beteiligung auch auf kommunaler Ebene umgesetzt werden kann. Für Susanne Harke-Schmidt ist das Online-Portal auch ein neuer digitaler Kommunikationsweg, um mit interessierten Menschen in Kontakt zu treten. „Die offenen Daten und die komfortable Kommentarfunktion können helfen, den Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zur Geschichte der Stadt zu erleichtern und ermöglichen so auch einen direkten Austausch zwischen uns und der Bevölkerung", betont die Stadtarchivarin.

Gemeinsam die Geschichte der Stadt erlebbar machen

Interessierte können auf der Plattform unter anderem die älteste Urkunde aus dem Archiv der Gräflich Berghe von Trips’schen Sportstiftung zu Burg Hemmersbach von 1375 oder die älteste kartographische Darstellung von Kerpen aus dem Jahr 1587 studieren. Sukzessive sollen alle Daten aus den Findbüchern der Kolpingstadt Kerpen als offene Daten bereitgestellt werden. (Hobby-)Historiker, Ahnenforscher und andere Interessierte können dann ganz einfach online herausfinden, welche Daten im Archiv zu finden sind. Knapp 20.000 Datensätze sind bereits verfügbar und bei rund 2.200 Datensätzen sind die entsprechenden Schriftstücke, Fotos oder Landkarten direkt in digitaler Form hinterlegt.

„Wir werden sukzessive weitere Daten online stellen, sofern sie dafür geeignet sind,“ erklärt Susanne Harke-Schmidt. Alle Bilddaten stehen auf der Plattform unter freier Creative-Commons-Lizenz in voller Auflösung zum Download bereit. „Das ist eine kleine Besonderheit unseres Projektes“, erklärt Ernesto Ruge, „Wir bieten wirklich nutzbare Medien, weswegen die ersten Fotos des Archivs auch schon auf Wikipedia verwendet wurden.“

Vor allem der große Bestand an Fotos, die bisher weder inhaltlich noch zeitlich zugeordnet werden können, soll digital zur Verfügung gestellt werden. Über eine Kommentarfunktion auf dem Portal können Bürgerinnen und Bürger ihre Kenntnisse zu den Fotos weitergeben. Alle Interessierten sind aufgerufen, auf dem Portal zu stöbern und ihre Erinnerungen sowie ihr Wissen mit dem Stadtarchiv zu teilen. „Wir sind ganz überwältigt von der Resonanz. Überall in der Stadt werden wir angesprochen, ob beim Metzger oder beim Bäcker, im Karneval oder auf privaten Veranstaltungen. Und es gibt zahlreiche wertvolle Hinweise und Kommentare, die uns sehr weiterhelfen,“ erzählt Susanne Harke-Schmidt begeistert. Vielleicht findet sich darunter auch die Geschichte der beiden Mädchen auf dem Foto.